– Mit Sabine Rollberg sprach Beate Westerfeld, WDR FONKCHEN –
August 2009
PRINT: Wie haben Sie von der
Journalistenschule in Thailand erfahren?
Sabine Rollberg: Von dem Hauptprotagonisten der Dokumentation “Burma VJ”. Joshua,
das ist natürlich nicht sein wirklicher Name, war bei der
Cinema-for-Peace-Verleihung im Februar in Berlin dabei und hatte mir davon
erzählt. Da
dachte ich sofort an Unterstützung und habe ihn gefragt, was sie gebrauchen
können. Kameras! PRINT: Für alle, die noch nichts von Burma VJ gehört haben:
Worum geht es in dem Film? S. R-: Die Dokumentation handelt von
Videojournalisten, die illegal und heimlich in Burma unter Lebensgefahr
arbeiten und Nachrichtenmaterial, das sie im Verborgenen gefilmt haben, außer
Landes schmuggeln. Der Sender, der dieses geheime Material über Satellit auch
in Burma aus-strahlt, heißt DVB (Démocratie Voice of Burma) und befindet sich
in Oslo. Ohne diese VJs hatte die Weltöffentlichkeit nicht erfahren, was
während der Safran-Revolution im September 2007 in Burma passiert ist.
PRINT: Wo kann man den Film sehen?
S. R.: Im Moment lauft er in den USA, in England, Dänemark und Italien in
den Kinos. Und ARTE zeigt ihn in einem Themenabend am 27.10.
PRINT: Zurück zu den Kameras: An wen haben
Sie sich im WDR mit Ihrem Anliegen gewandt?
S. R.: An die Kollegen von Produktion und Technik, Christoph Augenstein
und Walter Demonte. Innerhalb weniger Tage bekam ich einen Zwischenbescheid,
dass sich der Kollege Reinhard Moll kümmern werde. Und nach einigem Mailverkehr
mit Herrn Moll stehen jetzt zwei digitale Cam-Recorder bereit.
PRINT: Dann können sie doch jetzt verschickt
werden.
S. R.: Leider ist das nicht so einfach. Ich habe einen allen Freund im
Auswärtigen Amt angeschrieben und gefragt, ob wir die Kameras über ihren
Kurierdienst verschicken können. Ich möchte ja sicherstellen, dass sie auch
wirklich ankommen. Parallel hatte ich mich auch an Herta Däubler-Gmelin
gewandt, die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Bundestag ist, und an
einen Freund, der Botschafter in Stockholm ist, und allen versichert, dass es
sich bei dem Flüchtlingslager um nichts Inoffizielles handelt, aber leider
mahlen diese Mühlen sehr langsam.
PRINT: Hatten Sie damit gerechnet, dass Sie
im WDR ein offenes Ohr für Ihre Bitte finden?
S. R.: Ich dachte: Versuch’s mal. Und finde es toll, dass der WDR so
unbürokratisch bereit war zu helfen. Ohne diese mutigen Menschen hätte die
Weltöffentlichkeit nie von den Angriffen auf die Bevölkerung und die Mönche
erfahren. Die BBC, CNN und auch die ARD haben die Bilder gesendet. Indem wir
diese Untergrundjournalisten technisch unterstützen, tragen wir dazu bei, dass
es für Tyrannen schwieriger wird, Menschenrechtsverletzungen zu vertuschen.
PRINT: Joshua und seine Mitstreiter nennen
sich Videojournalisten. Sie sind Betroffene und Beobachter zugleich. Hätten Sie
sich früher vorstellen können, Material zu verwenden, das nicht aus einer
gewissen Distanz entstanden ist?
S. R.: Möglicherweise hätte ich vor 30 Jahren solche Beiträge abgelehnt,
weil sie journalistisch nicht sauber sind und die nötige Distanz fehlt. Oder
sie als Amateurvideo gekennzeichnet. Aber Burma gehört wie auch der Iran zu den
Ländern, in denen man kaum noch journalistisch arbeiten kann. Die gesamte
Presse wird überwacht und zensiert. Ohne Menschen wie Joshua hätten wir nie so
schnell von dem wirklichen Ausmaß der Unruhen erfahren. Oder denken Sie an das
Neda-Video aus dem Iran, das im Internet hunderttausendfach heruntergeladen
wurde. Der Vorteil des Netzes, eben eine sehr schnelle Verfügbarkeit und
Verbreitung von Informationen, hat aber auch eine andere Seite: Es fehlt der
Moment des Innehaltens, der Einordnung und Überprüfung. Handykamera, Internet,
Twitter – diese neuen Techniken haben einen Umwälzungsprozess und ein Umdenken
in Gang gebracht, auch bei uns Journalisten. Bei aktuellen Themen müssen wir
viel schneller entscheiden, was “wir senden, damit wir nicht langsamer sind als
die anderen Medien.
Und zurück zu den Kameras: Mit unserer Unterstützung sorgen wir
dafür, dass die Arbeit im Untergrund fortgeführt wird. Der WDR-Anteil zur
freien Berichterstattung in und über Burma!